Erforschung der Schnittstelle zwischen Kreativität und Alltag
Herr Brauer, es ist eine Freude, Sie hier zu haben. Vielen Dank, dass Sie sich uns anschließen.
Arik Brauer: Es freut mich, hier zu sein. Vielen Dank für die Einladung.
Sie haben in einem Interview aus dem Jahr 2019 erwähnt, dass Ihre Frau, die Hebräisch spricht, das ‚E‘ nicht aussprechen konnte und begann, Sie Arik zu nennen. Wie hat dieser Name, vielleicht unterschiedlich von Ihrem Geburtsnamen Erich, Ihre Identität und Ihre Arbeit beeinflusst?
Arik Brauer: Der Name Arik, den meine Frau mir liebevoll gegeben hat, hat eine besondere Bedeutung für mich. Er symbolisiert nicht nur unsere Verbindung, sondern steht auch für die Vielfalt und Offenheit gegenüber verschiedenen Kulturen und Sprachen. Dieser Name hat meine Identität erweitert und mir geholfen, mich stärker mit meiner jüdischen und hebräischen Seite zu verbinden. In meiner Arbeit als Künstler hat er mir erlaubt, verschiedene kulturelle Einflüsse zu integrieren und neue kreative Wege zu beschreiten.

Kindheit
In Ihren vorherigen Gesprächen haben Sie über das Erleben von Antisemitismus in Wien gesprochen, insbesondere während Ihrer Kindheit. Wie haben diese frühen Erfahrungen Ihre Weltsicht und Ihre künstlerische Ausdrucksweise geprägt?
Arik Brauer: Diese frühen Erfahrungen mit Antisemitismus in meiner Heimatstadt Wien hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf meine Weltsicht und meine künstlerische Ausdrucksweise. Sie haben mich dazu gebracht, die Welt kritisch zu betrachten und die dunklen Seiten der menschlichen Natur zu erkennen. Als Kind musste ich mit Diskriminierung und Vorurteilen konfrontiert werden, was meine Empfindsamkeit für soziale Ungerechtigkeiten und die Notwendigkeit von Toleranz und Vielfalt geschärft hat.
Meine Kunst wurde zu einem Mittel, um meine Gedanken und Gefühle auszudrücken und diese Themen anzusprechen. In meinen Werken versuche ich oft, die Schönheit und Magie der Welt mit ihren Schattenseiten zu vereinen. Es ist meine Art, auf die Herausforderungen und Schwierigkeiten der Welt aufmerksam zu machen und gleichzeitig Hoffnung und Optimismus zu vermitteln. Ich hoffe, dass meine Kunst dazu beitragen kann, Vorurteile abzubauen und die Menschen zum Nachdenken und zur Veränderung anzuregen.
Sie haben einmal erwähnt, dass Sie sich während schwieriger Zeiten in Ihrer Vergangenheit mehr gedemütigt als verängstigt gefühlt haben. Können Sie näher erläutern, wie diese Emotionen Ihre künstlerische Reise und die Themen in Ihrer Arbeit beeinflusst haben?
Arik Brauer: Ja, das ist richtig. Während schwieriger Zeiten in meiner Vergangenheit, insbesondere während meiner Kindheit und meiner Erfahrungen mit Antisemitismus, fühlte ich oft eine tiefe Demütigung. Diese Gefühle der Demütigung haben meine künstlerische Reise und die Themen in meiner Arbeit maßgeblich beeinflusst.
Demütigung ist eine sehr persönliche und schmerzhafte Emotion. Sie kann dazu führen, dass man sich machtlos und verletzlich fühlt. In meiner Kunst fand ich einen Weg, diese Emotionen zu verarbeiten und auszudrücken. Ich begann, meine eigenen Erfahrungen und Gefühle in meine Werke einzubeziehen. Meine Bilder wurden Ausdrucksmittel für diejenigen, die sich gedemütigt oder unterdrückt fühlten.
Die Themen in meiner Arbeit, wie Toleranz, Vielfalt und die Vereinigung von Gegensätzen, reflektieren oft meine Überzeugung, dass die Menschheit eine gemeinsame Verantwortung hat, Diskriminierung und Vorurteile zu überwinden. Ich versuche, Hoffnung und Optimismus in meine Kunst einzuflechten und den Menschen zu zeigen, dass wir in der Lage sind, uns selbst zu verändern und die Welt positiv zu gestalten.
Demütigung hat mich gelehrt, Empathie für andere zu empfinden, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und dies spiegelt sich in meiner Kunst wider. Ich hoffe, dass meine Werke dazu beitragen können, diejenigen zu inspirieren, die sich gedemütigt fühlen, und ihnen eine Botschaft der Stärke und Resilienz vermitteln.
Wenn Sie die Gelegenheit hätten, mit der heutigen Jugend zu sprechen, was würden Sie sagen, um sie trotz der turbulenten Zeiten, in denen wir leben, für die Zukunft zu inspirieren?
Arik Brauer: Liebe Jugendliche, ich würde euch sagen, dass die Welt schon immer Herausforderungen hatte, aber auch ständig im Wandel ist. Eure Kreativität, euer Engagement und eure Offenheit sind die Schlüssel, um positive Veränderungen herbeizuführen. Schaut über die Schwierigkeiten hinweg, denn in jedem Moment steckt das Potenzial für etwas Neues und Aufregendes. Haltet an euren Träumen fest und gestaltet die Zukunft nach euren Vorstellungen.
Thema Multikulturalismus
Herr Brauer, wie würden Sie Multikulturalismus definieren?
Arik Brauer: Multikulturalismus ist wie ein bunter Gemäldestrauß, in dem verschiedene Farben und Formen harmonisch miteinander verschmelzen. Es ist die Vielfalt der Kulturen, die unsere Welt so reich und interessant macht.
Das ist ein wunderschönes Bild. Könnten Sie das bitte näher erläutern?
Arik Brauer: Natürlich, mein Freund. Multikulturalismus ist wie ein lebendiges Kunstwerk, in dem jede Kultur ihre eigene Farbe und ihre eigene Melodie einbringt. Es ist eine Einladung, die Schönheit im Unterschiedlichen zu erkennen und zu schätzen.
Betrachten Sie sich selbst als multikulturell?
Arik Brauer: Ja, in gewisser Weise schon. Ich habe so viele Facetten des Lebens erlebt, von verschiedenen sozialen Schichten bis hin zu verschiedenen Kulturen. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in meiner Kunst wider.
Wenn Sie ein Bild von dieser Wiese malen würden, welche Blume würde Arik Brauer repräsentieren, welche Farbe und Form hätte diese Blume, und wie prominent würde sie in der Wiese erscheinen?
Arik Brauer: Hmmm, das ist eine faszinierende Vorstellung. Vielleicht wäre die Blume ein lebendiges Mosaik aus verschiedenen Farben und Formen, ein Ausdruck meiner vielfältigen Erfahrungen. Sie würde sich in der Wiese hervorheben, aber gleichzeitig mit den anderen Blumen in harmonischem Einklang stehen.
Sie haben komplexe Gefühle in Bezug auf Ihre jüdische Identität, insbesondere in Bezug auf historische Ereignisse, ausgedrückt. Wie hat diese komplexe Identität Ihre Kunst und Ihre Wahrnehmung der Gesellschaft beeinflusst?
Arik Brauer: Meine jüdische Identität und die damit verbundenen komplexen Gefühle haben einen tiefgreifenden Einfluss auf meine Kunst und meine Wahrnehmung der Gesellschaft gehabt. In einer Welt, die von historischen Ereignissen wie dem Holocaust und Antisemitismus geprägt ist, konnte ich nicht einfach meine Identität ignorieren oder von ihr losgelöst leben.
Meine Kunst wurde zu einem Mittel, um meine Gedanken, Gefühle und Erfahrungen auszudrücken, die mit meiner jüdischen Identität verbunden waren. Ich habe versucht, die Geschichte und das Erbe meines Volkes in meine Werke zu integrieren. Viele meiner Gemälde thematisieren die Geschichte des jüdischen Volkes, die Verfolgung und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Gleichzeitig habe ich mich bemüht, in meiner Kunst Botschaften der Toleranz, des Zusammenhalts und der Menschlichkeit zu vermitteln. Ich glaube, dass Kunst die Macht hat, Brücken zwischen verschiedenen Kulturen und Menschen zu bauen. Es ist meine Art, gegen Vorurteile und Diskriminierung anzukämpfen.
Meine Wahrnehmung der Gesellschaft wurde durch meine Erfahrungen und Begegnungen geprägt, insbesondere durch die Konfrontation mit Antisemitismus und Diskriminierung. Ich habe gelernt, die Bedeutung von Toleranz und Vielfalt zu schätzen und mich für eine Welt einzusetzen, in der Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion respektiert und akzeptiert werden.
Insgesamt hat meine komplexe jüdische Identität meine Kunst mit Tiefe und Bedeutung angereichert und mir eine Plattform geboten, um wichtige gesellschaftliche Themen anzusprechen.
Thema Migration
Das Thema Migration ist komplex und sensibel und hat heute weitreichende Auswirkungen auf viele Einzelpersonen und Gemeinschaften. Wie sehen Sie dieses Thema?
Arik Brauer: Ja, die Migration ist ein vielschichtiges Phänomen. Meiner Ansicht nach ist es wichtig, die kulturelle Vielfalt zu schätzen und zu bewahren. Jeder Mensch trägt seine eigene Geschichte und Perspektive mit sich, und das kann eine Bereicherung für die Gesellschaft sein, solange wir offen bleiben und voneinander lernen.
Einige befürchten, dass durch die Öffnung für Migration die Gefahr besteht, unsere Traditionen, unsere Sprache und unsere Identität als Österreicher beispielsweise zu verlieren. Was ist Ihre Meinung dazu?
Arik Brauer: Das ist eine berechtigte Sorge, aber ich denke, es ist möglich, eine Balance zu finden. Die Vielfalt kann eine Stärke sein, solange wir gleichzeitig unsere Werte und Traditionen bewahren. Der Schlüssel liegt darin, eine offene und respektvolle Kommunikation zwischen den Kulturen zu fördern.
Wenn Sie unseren Lesern einen konkreten Tipp geben könnten, wie würden Sie vorschlagen, dass wir damit umgehen?
Arik Brauer: Mein Rat wäre, offen für neue Ideen und Perspektiven zu sein. Stellen Sie Fragen und hören Sie zu, verstehen Sie die verschiedenen Hintergründe. Gleichzeitig ist es wichtig, unsere eigenen Werte nicht zu vernachlässigen und einen Dialog zu fördern, der auf Respekt und Verständnis basiert.

Thema Kreativität und Magie
Zum Thema Kreativität, was würden Sie sagen, ist die Essenz der Kreativität? Würden Sie sagen, dass mit Kreativität eine magische Essenz verbunden ist?
Arik Brauer: Kreativität ist wie ein Zauber, eine magische Essenz, die in jedem von uns vorhanden ist. Es geht darum, die Welt mit neuen Augen zu sehen, Grenzen zu überschreiten und Dinge auf unkonventionelle Weise zu betrachten. Kreativität ist der Schlüssel, um das Leben in all seiner Vielfalt zu erfassen und auszudrücken.
Interessant, woher glauben Sie kommen diese Ideen? Und woher schöpfen Sie Ihre Inspiration?
Arik Brauer: Die Ideen und Inspiration kommen aus der Vielfalt des Lebens, aus der Natur, den Menschen und ihren Geschichten. Alles um uns herum ist eine endlose Quelle der Inspiration. Die Kunst besteht darin, aufmerksam zuzuhören, zu beobachten und die Verbindungen zwischen den scheinbar unzusammenhängenden Dingen herzustellen.
Also könnten wir sagen, dass die Welt voller Magie ist, die darauf wartet, enthüllt zu werden? Würden Sie sagen, dass es Magie im Alltäglichen gibt?
Arik Brauer: Ja, absolut. Die Welt ist voller Magie, aber viele Menschen übersehen sie im hektischen Alltag. Die wahre Kunst besteht darin, die Magie im Alltäglichen zu entdecken, die Schönheit in den kleinen Details des Lebens zu sehen und die Poesie in den scheinbar gewöhnlichen Momenten zu finden.

Thema Schönheit
Wie würden Sie Schönheit beschreiben und welche Rolle spielt sie in Ihrer Kunst?
Arik Brauer: Schönheit ist für mich eine vielschichtige Erscheinung. In meiner Kunst versuche ich, eine Schönheit zu schaffen, die über das Oberflächliche hinausgeht. Es ist die Schönheit des Unkonventionellen, des Unerklärlichen, die in den unergründlichen Facetten des Lebens liegt. Meine Kunst zielt darauf ab, eine Schönheit zu offenbaren, die nicht nur visuell, sondern auch emotional und spirituell berührt.
Es ist faszinierend, wie Sie katastrophale Ereignisse in wunderschöne Kunstwerke verwandeln können. Ihr Werk, insbesondere „Die Blume von Tschernobyl“, ist ein großartiges Beispiel dafür. Ich frage mich, wie Sie in der Lage sind, Dinge trotz der Umstände so positiv wahrzunehmen.
Arik Brauer: Inmitten von Tragödien und Katastrophen liegt oft eine unergründliche Schönheit. Meine Kunst ist eine Art der Verarbeitung, eine Möglichkeit, die Welt und ihre Geschehnisse zu verstehen und ihnen eine neue Perspektive zu geben. Selbst in den dunkelsten Momenten versuche ich, Licht und Hoffnung zu finden. Es ist meine Art, mit der Realität umzugehen und den Menschen eine andere Sichtweise zu präsentieren.
Thema der Leidenschaft für die Kunst
In Bezug auf Ihre Autobiografie haben Sie den Wunsch geäußert, über faszinierende Menschen zu schreiben, die Sie getroffen haben, anstatt sich ausschließlich auf sich selbst zu konzentrieren. Könnten Sie eine besonders denkwürdige Begegnung teilen, die Ihre Kunst beeinflusst hat?
Arik Brauer: In der Tat, es gibt viele faszinierende Begegnungen, die mein Leben und meine Kunst geprägt haben. Eine, die mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, war die Begegnung mit einem alten Mann in Jerusalem. Er erzählte mir von seiner bewegten Lebensgeschichte, von den Höhen und Tiefen, die er erlebt hatte. Seine Erzählungen über Überleben und Hoffnung inmitten von schwierigen Zeiten haben mich tief berührt.
Diese Begegnung inspirierte mich zu meinem Gemälde „Die Geschichten des Alten Mannes“, das die verschiedenen Stationen seines Lebens in einer surrealen Landschaft darstellt. Es erinnert mich daran, wie wichtig es ist, die Geschichten und Erfahrungen anderer Menschen anzuhören und zu teilen, da sie uns bereichern und uns helfen, die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen.
In einem Ihrer letzten Interviews haben Sie erwähnt, dass Sie sich nur vorstellen können, nicht mehr als Künstler zu arbeiten, wenn Sie nicht mehr existieren. Was treibt diese unermüdliche Leidenschaft für die Kunst in Ihrem Leben an?
Arik Brauer: Die Leidenschaft für die Kunst hat mich mein ganzes Leben lang angetrieben und definiert. Sie ist für mich nicht nur ein Beruf, sondern eine Lebensweise. Die Kunst ermöglicht es mir, meine Gedanken, Träume und Emotionen auszudrücken. Sie ist ein Mittel, um die Welt um mich herum zu verstehen und mit anderen Menschen zu kommunizieren.
Es ist diese unermüdliche Neugierde und der Drang, die Welt in all ihren Facetten zu erforschen, die mich antreiben. Jeder Tag bringt neue Inspiration und Ideen. Die Kunst ist mein Weg, mich auszudrücken und die Geschichten zu erzählen, die ich in mir trage.
Selbst in Zeiten der Herausforderung und des Alters habe ich nie aufgehört, zu malen und kreativ zu sein. Die Kunst ist mein Lebenselixier, und solange ich atme, werde ich weiterhin meiner Leidenschaft nachgehen.
Wo man die Kunst von Arik Brauer erleben kann

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